Barbara Kahlen
Nimm eine Teeschale in beide Hände – so wie ein kostbares Buch – und trinke aus beiden. (BK)
Ein abgeschlossenes Oeuvre an Meisterwerken von Teeschalen gilt es zu entdecken, dem die inzwischen 80-jährige Künstlerin Barbara Kahlen ihr Leben gewidmet hat, sehr zurückgezogen, bis zur Verneinung von Öffentlichkeit. Ein ihr gewidmetes – “Temporäres Museum” – war in den 90er Jahren zehn Jahre lang in drei Räumen in Berlin-Dahlem eingerichtet, eröffnen wollte sie es nie, sie allein betrat es zum Weiterforschen, oder nur mit Kennern und Sammlern, “die ihre Ringe ablegten”, bevor sie das in der offenen Gasflamme hochgebrannte “Steinzeug” in die Hand nahmen.
Ich möchte Teeschalen machen, die mich ansehen, deren Wände in meinen Händen gebettet ruhen, deren Lippen mir schmeicheln, deren Tonfuss erdig riecht, die dem Tee besonderen Geschmack geben, in denen der fallende Tropfen die Form echot, die mich denken lassen. (BK)
In Symbiose aller Elemente:
Meine Teeschalen, aus feuchten Erden, wachsen unter meinen Fingern. In die Höhe. Wie meine Pflanzen. Aus rechter Erde, zur rechten Zeit. Knospen und blühen auf, in der Sonne. Oder den Vulkangluten des Gasfeuers. Danach strahlen sie im hellen Licht des Tages ihre Wärme und Farben zurück. Erde, Wasser, Feuer, Luft und Gestaltende Energie, alle Fünf Asiatischen Elemente sind beteiligt. (BK)
“Shibui” nennen die Japaner eine Haltung, die unterscheidet zwischen “der gemachten” und “der gewordenen” Teeschale. Eine Teeschale zu drehen setzt natürlich, wie jede Schöpfung, primär einen Willen voraus, der sich durchsetzen kann gegen alle material- und situationsbedingten Gegebenheiten oder durchlässig sein kann bis zum “Werdenlassen”. Shibui ist das Einfache, Gegebene, Ursprüngliche. Ist nicht Armut, sondern Demut. Nicht Reduktion, wie das Bauhaus sie zelebrierte.
(Wolf Kahlen)