Neue Keramik 1/2025

Aktuelle Ausgabe – Neue Keramik 2/2025

Im PORTRAIT: 6 Keramikkünstlerinnen und -künstler aus USA, Deutschland, GB / Spanien. Wir berichten über AUSSTELLUNGEN und VERANSTALTUNGEN aus Portugal, USA, Türkei, Taiwan, Deutschland, Italien. Im KÜNSTLER-JOURNAL stellen wir Kyungmin Park und Ronit Baranga. Darüber hinaus Werkstattgespräche, Termine, Kurse, Seminare, Märkte.

Inhalt

DIE NEWS

PORTRAITS
Maria Porges – USA
Babette Wiezorek – Deutschland
Lorraine Shemesh – USA
Armin Skirde – Deutschland
Nicholas Arroyave-Portela – GB / Spanien
Töpferei Jung – Deutschland

AUSSTELLUNGEN / VERANSTALTUNGEN
International Azulejos – Caldas da Reinha – Portugal
Eine Reise mit Lüster – International
Kalifornische Keramik im Kontext – Claremont – USA
Memory of Tradition – Japan / Türkei – Bolu – Türkei
Taiwan Ceramics Biennale 2024 – Yingge – Taiwan
Markus Rusch – Landshut – Deutschland
Jugendstil & Art Deco im MIC – Faenza – Italien
Empty Bowls – Wichita Falls – USA

BÜCHER
Neue Lektüre – International

KÜNSTLER-JOURNAL

Kyungmin Park (Süd-Korea) und Ronit Baranga (Israel) – Ting-Ju Shao

WERKSTATTGESPRÄCHE

 Sirin Koçak – Evelyne SchoenmannInterview / Technik

TERMINE / Ausstellungen / Galerien / Museen
Ausstellungskalender    International

KURSE / SEMINARE / MÄRKTE
ANZEIGEN
VORSCHAU / IMPRESSUM

Leseproben

Maria Porges

Seit mehr als drei Jahrzehnte hinweg war jede Serie von Stücken, die ich gemacht habe, Teil eines langen Nachdenkens über einen immer wiederkehrenden Ideenkomplex. Es gab einige Konstanten: Zeit, die falsche Dichotomie von Kunst und Wissenschaft, die Idee von Zuhause, verlorene und gefundene Dinge. Die frühesten Arbeiten spiegeln eine kämpferische, eindeutig San Francisco Bay Area-Ästhetik wider, gefolgt von dem Wunsch, möglichst schöne Dinge zu machen, damit die Leute diese Objekte anschauen, bis sie die (wichtigen!) Botschaften erkennen, die sie transportieren. Jetzt mache ich nur noch Dinge, die ich in der Welt sehen möchte, Dinge, die so aussehen, als ob sie schon da sein würden.
Für mich haben Gefäße immer als geschlechtsspezifische Stellvertreter fungiert. So humorvoll wie elegant, dienen sie als Surrogate, die sich ihren Weg durch das Minenfeld der Kindheit bahnen (sowohl meiner eigenen als auch der meiner Töchter). Das ist Absicht. Indem ich das Unbelebte belebte und Witze machte, während ich mich mit dem beschäftigte, was nicht lustig ist, habe ich versucht, den Kampf in den Vordergrund zu rücken, eine Frau zu sein; gesehen zu werden. Jetzt, in meinen Siebzigern, ist das komplizierter denn je. Ältere Männer werden als mächtig und als wichtige Führungspersönlichkeiten angesehen. Ältere Frauen erfahren selten dieselbe Art automatischer Unterstützung und Bewunderung.

Maria Porges

Babette Wiezorek

Babette Wiezoreks Arbeiten vereinen auf multidimensionaler Ebene Historie und Zukunft. Sie reflektieren die Experimentierfreude und Faszination an technologischem Fortschritt ebenso wie den Umgang mit traditionellen Materialien und deren ästhetischen Eigenschaften. Dabei bildet Keramik als einer der ältesten Werkstoffe der Menschheitsgeschichte eine besonders spannende Schnittstelle der Transformation.
Das Wissen um Prozesse erweist sich als wesentliches Moment im Schaffen der studierten Kunsthistorikerin und Produktdesignerin, die 2017 das Studio Additive Addicted in Berlin gründete. Die Kenntnisse um die bereits in jungen Jahren erlernten, manuellen Techniken des Formens und Dekorierens von Keramik kombiniert Wiezorek mit den Affordanzen der additiven, digital gestützten 3D-Druck-Verfahren.
“Es gibt ein Bedürfnis, genau darauf zu schauen, wie das Material, die digitalen Aspekte und das maschinelle Setting aufeinander bezogen sind. In der Interaktion dieser verschiedenen Akteure entsteht ein Prozess, der schließlich zu einer bestimmten Form führt”, so die Designerin. Dabei schätze sie gerade die sinnlichen Qualitäten, die den keramischen Materialien innewohnen und die auch der Logik der komplexen, digitalen Verfahren selbst inhärent seien.

(Andrea Müller-Fincker)

Babette Wiezorek

Lorraine Shemesh

Im Jahr 2024 präsentierte die Gerald Peters Gallery in New York City Keramiken und Gemälde von Lorraine Shemesh in einer zum Nachdenken anregenden Einzelausstellung, die mich an meine erste Begegnung mit der Künstlerin erinnerte. Als ich 1994 während meiner Vorlesung in einem Keramikkurs an der Parson’s School of Design in das Klassenzimmer schaute, fiel Lorraine Shemesh auf. Sie war nicht meine Studentin, also fragte ich sie, ob sie mitarbeiten wolle. Es dauerte einen Moment, dann antwortete sie nachdrücklich: „Ich bin dabei!“
Ich wusste nicht, dass Shemesh Malerin war und von der Allan Stone Gallery in New York City vertreten wurde. Diese Gallery vertrat Wayne Thiebaud, Willem de Kooning, Franz Kline, Robert Arneson und andere berühmte Künstler. Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit hatte Lorraine eine akademische Lehrtätigkeit an der Rhode Island School of Design und am Amherst College. Lorraine gab ihre erfolgreiche akademische Karriere auf und zog nach New York City – entschlossen, Vollzeitkünstlerin zu werden. Sie fühlte sich von den Kunstwerken in der Allan Stones Galerie angezogen und kampierte metaphorisch vor der Tür der Galerie, bis Mr. Stone sich ihre Arbeiten ansah. Eine Strategie ihrer Kampagne bestand darin, Mr. Stone einen Brief zu schicken, auf dem sie die gesamte Umschlagoberfläche mit illusionistischen briefmarkengroßen Bildern bedeckte.
Stone arbeitete viele Jahre mit Shemesh zusammen, betreute die Künstlerin, baute ein Publikum auf und steigerte den Wert ihrer Kunst erheblich. Als wir uns bei Parsons trafen, war Shemesh auf dem Höhepunkt ihrer Allan Stone-Jahre.

(Marc Leuthold)

Lorraine Shemesh

Armin Skirde

Armin Skirde kam 1958 in Würzburg zur Welt als Sohn eines Schreiners und einer Schneiderin. 1979 machte er sein Abitur, Leistungskurs Mathematik und Biologie. Danach wollte er eigentlich Biologie studieren. Der Numerus Clausus erschwerte diesen Plan und so geriet Keramik in sein Blickfeld. Der Studiengang Keramik in Höhr-Grenzhausen entsprach aber auch seinen Interessen an naturwissenschaftlichen Zusammenhängen, sodass er letztlich das Angebot der Würzburger Universität, die ihm über Losverfahren einen Studienplatz in Biologie angeboten hatte, ablehnte.
Armin ging es um den direkten Kontakt zum Material Ton. Er wurde Gastschüler in der Drehwerkstatt bei Ernst Stauber, um solide das Drehen an der Töpferscheibe zu erlernen. Andere Studierende in der Keramik wie Thomas Naethe, Uli Witzmann, Therese Jänsch unterstützten dabei. Der Praktikumsplatz, den Skirde später in der Töpferei Helmut Müller bekam, erschloss ihm die Welt organischer Formen und das exakte, akribische Arbeiten. Skirde erarbeitete sich seinen keramischen Horizont parallel zum Studium, verfeinerte nicht nur Fertigkeiten im Drehen sondern erlernte Vieles von Helmut Müller, der u.A. Meister im Schachspiel und in Pilzkunde war.
Der Studienabschluss 1984 als Keramik Ing. FH überschnitt sich noch einige Monate mit Zivildienst, Praktika und Diplomarbeit, – währenddessen er weiterhin die Werkstatt Müller nutzte, aber auch einen Gastplatz an der Fachschule für Keramikgestaltung bekam. Dort, bei einer bestens bekannten Lehrerpersönlichkeit, bei Wolf Matthes, konnte er sich seinem Interesse entsprechend umfänglich weiterbilden. Die Gesellenprüfung als Freidreher legte er 1985 ab, 1988 das Studium als Keramikgestalter. Finanzielle Gründe verhinderten aber vorerst die Gründung der eigenen Werkstatt.

(Monika Gass)

Armin Skirde

Eine Reise mit Lüster

Eine lebende Tradition
Lüster ist eine lebendige Tradition, ähnlich einem Fluss, der so etwas wie Ebbe und Flut hat – manchmal scheint er zu verschwinden, nur um an einer entfernten Stelle wieder aufzutauchen. Doch er wird immer von den unsichtbaren Kräften der Kreativität und Vorstellungskraft vorangetrieben. Und wie ein Fluss, der ins Stocken gerät, dessen Wasser langsamer fließt und stagniert, kann auch Lüster innehalten und auf die richtigen Umstände warten, um seine Beschränkungen zu durchbrechen und wieder frei zu fließen. Seine Ursprünge gehen auf die islamische Welt im 9. Jahrhundert zurück, als das Wissen von Region zu Region weitergegeben wurde. Es gelangte über Al-Andalus (das heutige Südspanien) nach Europa und fand später seinen Weg ins Italien der Renaissance. Obwohl es manchmal im Niedergang begriffen, vergessen oder in Ungnade gefallen war, wurde es dann scheinbar anderswo “wiederentdeckt” – oft durch die Migration von Töpfern, die vor Unruhen, Verfolgung oder einfach auf der Suche nach einem besseren Leben flohen. Diese Weitergabe des Wissens aus der Vergangenheit bewahrte nicht nur die Tradition, sondern ermöglichte auch eine Verschmelzung mit der lokal typischer Kreativität, was zu neuen Blüten fantasievollen Ausdrucks führte. Wie bei jeder Technik verliert diese ihren Glanz ohne kontinuierliche Erneuerung durch persönliche Begeisterung und Lebendigkeit.

(John Kuczwal)

John Kuczwal

“Memory of Tradition”

Dem kulturellen Erbe auf der Spur
Ausstellung vom 13. November bis 7. Dezember 2024

Diese Ausstellung wurde anlässlich des hundertsten Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Japan und der Türkei im Jahr 1924 organisiert. Sie basierte auf der Idee von Prof. Melahat Altundag von der Fakultät für Schöne Künste und Keramik in Bolu (Türkei) und Prof. Yoshinori Akazawa aus Kyoto (Japan), der japanische Künstler zur Ausstellung einlud, Tassen zu spenden und die japanischen Texte übernahm. Er wählte sorgfältig Künstler aus, die sich mit der japanischen Teezeremonie auskennen und eine frühere Verbindung zur Türkei hatten. An der Eröffnung der Ausstellung nahmen der Rektor, Prorektoren, akademische Mitarbeiter, Studenten und lokale Behörden teil und es kamen etwa 700-1000 Besucher! Die Wirkung auf die Studenten war sehr positiv. Sie lernten eine andere Kultur und wichtige Merkmale dieser Kultur kennen. Es kamen auch Keramikkünstler aus Ungarn, um die Keramikabteilung und die Ausstellung zu besuchen.
Die Kuratorin Senem Aker Ensari sagte: “Diese Ausstellung umfasst Keramiktassen, die in der türkischen Kaffeekultur und der japanischen Teekultur verwendet werden. Sie wurde mit dem wichtigen Ziel geplant, das kulturelle Erbe zu bewahren und an zukünftige Generationen weiterzugeben. Die von Keramikkünstlern aus beiden Ländern geschaffenen Werke heben das reiche kulturelle Erbe und das Handwerk beider Länder hervor.

Kaffeetasse von Yoshinori Akazawa

2024 Taiwan Ceramics Biennale

Seit 2004 veranstaltet das Yingge Ceramics Museum in New Taipei City die „Taiwan Ceramics Biennale“. Die Biennale hat das Image von Yingge und das Museum durch internationale Beteiligung von Künstlern und Kuratoren, die Ausstellung von Kunstwerken und damit verbundene Bildungs- und Werbeveranstaltungen (z.B. Symposien, Artist-in-Residence-Programme und Vorführungen) gestärkt. Alle Finalisten und Preisträger der Biennale und ihre Kunstwerke wurden hoch geschätzt und erhielten im internationalen Bereich der Keramikkunst große Aufmerksamkeit. Bisher nahmen mehr als 3000 Künstler und Künstlerinnen an den Wettbewerben/Ausstellungen teil. Während die Biennale als Ausstellungsmedium aktuelle Trends in der zeitgenössischen Keramikkunst präsentiert und neue Richtungen für deren Betrachtung vorgibt, so werden Künstler auch darin getestet, wie sie Ideen und Innovationen verkörpern können. Egal welches, ein Kunstwerk – modern oder traditionell – wird seine eigene zeitgenössische Form präsentieren. Die Grenze zwischen traditionellen Gegenstände für den Alltag und Kunstwerken kann auch einen schlichten, aber dennoch exquisiten ästhetischen Stil zum Ausdruck bringen.
Bis zum 31. August 2023 gingen insgesamt 1.216 Bewerbungen aus 66 Ländern und 5 Kontinenten ein. Die Zahl der Bewerbungen übertrifft den letzten Wettbewerb um 484 Einreichungen und bricht damit den historischen Rekord der Taiwan Ceramics Biennale seit deren Gründung im Jahr 2004. An dem Wettbewerb nahmen Top-Keramikkünstler aus der ganzen Welt teil.

Grand Prix, Sato Masayuki, Japan – Shell nest 22-05

Künstlerjournal

Kyungmin Park – Süd-Korea
Die Gesichtsausdrücke der Figuren von Kyungmin Park (geb. 1985) sind von dramatischer Spannung geprägt. Selbst in ihrer Reglosigkeit sind ihre Freude, ihr Ärger, ihre Trauer und ihr Glück zutiefst ansteckend. Park vermittelt dem Betrachter ihre Geschichten und Emotionen auf heitere Weise. In „Meltdown“ beispielsweise pressen sich die Köpfe dreier Mädchen, raffiniert kombiniert mit pandaartigen Ohren und dunklen Augenringen, gegeneinander und verschmelzen und verziehen sich wie Eiskugeln. In „Frustration“ runzeln einige der Mädchen die Stirn und schreien, andere schürzen die Lippen, während einige ihre Ohren zuhalten und anklagend schreien.

Ronit Baranga – Israel
Jeder, der Ronit Barangas (geb.1973) Werken begegnet, ist von ihnen tief beeindruckt. Die Künstlerin verwendet Teller, Schüsseln oder Tassen lediglich als Medium. Bei näherer Betrachtung tauchen aus ihnen Finger auf, die einen offenen Mund mit Lippen und einer leicht heraushängenden Zunge halten. Eine Frau ist von unsicher gestapeltem Porzellangeschirr umgeben, das fast umgekippt wäre. In den Tassen befinden sich Münder mit heraushängenden Zungen, während kriechende Finger an ihren Böden erscheinen. Der erschreckende Anblick fordert die visuelle Wahrnehmung des Betrachters heraus.

 

(Ting-Ju SHAO)

Kyungmin Park – Süd-Korea

Ronit Baranga – Israel

Werkstattgespräch mit Sirin Koçak

Sirin, ich frage meine Gäste zu Beginn gerne nach ihrer Ausbildung und ihrem keramischen Hintergrund.
Ich absolvierte zunächst mein Associate Degree an der Izmir Ege University Ege Vocational Schule, Abteilung Keramik, dann meinen Bachelor an der Dokuz-Eylül-Universität, Fakultät der Schönen Künste, Abteilung Keramik- und Glasdesign, und schließlich an der Dokuz-Eylül-Universität, Institut der Schönen Künste, Abteilung Keramik- und Glasdesign, Master und Proficiency in Art. Während meines Masterstudiums war ich Erasmus-Studentin an der AFAD-Akademie für Bildende Künste und Design in Bratislava. Dies alles erstreckte sich über die Jahre 1998-2014. Vor und nach meiner Doktorandenausbildung habe ich mich vorrangig mit internationalen Keramikkunstveranstaltungen beschäftigt. Ich hatte die Gelegenheit, mit vielen Künstlern aus der ganzen Welt zusammenzuarbeiten. Dies gab mir die Möglichkeit, die Welt der Keramik besser kennenzulernen und mich darin zu positionieren.

Was beinhaltet Deine jetzige Arbeit als Dozentin an der Usak Universität?
Seit 2010 bin ich als Dozentin an der Fakultät für Bildende Künste der Usak-Universität in der Türkei tätig. Derzeit bin ich außerordentliche Professorin, Prodekanin der Fakultät für Bildende Künste und Leiterin der Keramikabteilung. Ich gebe theoretische und praktische Kurse für unsere Studenten im Grund- und Hauptstudium sowie für Kunststudenten. Ich bin Mitglied des Leistungsausschusses des Anwendungs- und Forschungszentrums für Leder-, Textil- und Keramikdesign und des Instituts für Graduiertenausbildung. Ich halte Vorträge für unsere Studenten auf allen Ebenen, arbeite an der Entwicklung internationaler Kooperationen und verfolge die Entwicklung des Keramiksektors in der Türkei.

(Evelyne Schoenmann)

Sirin Koçak

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